http://www.uni-karlsruhe.de/~za192/latein/pro_fam/haus01.htm (Städt. Villa)

http://www.villa-rustica.de/

http://www.comune.roma.it/cultura/uffmonsc/villapli.htm (des Plinius)

http://images.google.de/images?q=r%F6misches+Landhaus&hl=de  (wenn diese Adresse aus Word heraus nicht klappt, gebt sie bitte direkt im Browser ein, dann geht’s!)

Die römische Villa

1. Ländliche und städtische Villa . - 2. Grundschema der ländlichen Villa. Die ländliche Villa von Boscoreale bei Pompeii. - 3. Die städtische Villa. Die Villen des Plinius. - 4. Die Umgebung der Villa.

Auf ihren ländlichen Besitzungen verfügten die Römer zumeist über zwei Gebäude, die villa rustica, die für die Bediensteten bestimmt war, die den landwirtschaftlichen Arbeiten nachgingen und unter der Obhut des vilicus standen (eines Vertrauenssklaven, der der familia rustica gewissermaßen als Verwalter vorstand); und die villa urbana oder pseudourbana, die den Eigentümer beherbergte, wenn er sich auf dem Lande aufhielt. Beim Bau der einen hielt man sich nur an die praktischen Notwendigkeiten des landwirtschaftlichen Betriebes; die andere lag an einem malerischen, luftigen Platz und bot alle Bequemlichkeiten, an die man durch das Stadtleben gewöhnt war. Es ist jedoch durchaus nicht gesagt, daß auf allen Besitzungen die villa urbana vorhanden sein mußte; wenn dem Besitzer keine großen Mittel zur Verfügung standen, wird er sich in der villa rustica eine Wohnung eingerichtet oder sich höchstens ein bescheidenes Häuschen erbaut haben. Ganz besonders prächtige villaeurbanae besaßen Cicero und Plinius; nicht dagegen Horaz, der auf seinem Landsitz in der Sabina mit seinem Verwalter und den Dienern zusammen wohnte.

2. In der villa rustica gab es zwei Höfe (cortes), einen inneren und einen äußeren, und in jedem befand sich ein Wasserbecken (piscina); das Wasserbecken des Innenhofes diente als Tränke für die Tiere, das zweite für landwirtschaftliche Zwecke, zum Beispiel für das Einweichen des Leders, der Lupinen usw. Um den ersten Hof gruppierten sich die verschiedenen Gebäude und bildeten gemeinsam die eigentliche villa rustica, dasheißt den Teil des Gehöftes, den die Diener bewohnten. Mittelpunkt war eine große Küche (culina), denn auf dem Gehöft war die Küche nicht nur wie in der Stadt der Raum, in dem die Köche ihrer Kunst nachgingen, sondern auch der Gemeinschafts- und Arbeitsraum.

In der Nähe der Küche, um an ihrer Wärme teilzuhaben, befanden sich die Badezimmer der Dienerschaft, der Keller unddie Kuh- und Pferdeställe (bubilia und equilia) ; wenn genügend Platz vorhanden war, hatte man dort auch den Hühnerhof eingerichtet, und zwar weil man annahm, daß der Rauch die Gesundheit der Hühner fördere. Von der Küche entfernt und möglichst nach Norden lagen die Räume, die gemäß ihrer Bestimmung eine trockene Lage benötigten, wie die Kornkammern (granaria), die Trockenräume (horrea) und die Räumlichkeiten, in denen das Obst verwahrt wurde (oporothecae). Die Lagerräume, die einer größeren Feuersgefahr ausgesetzt waren, wurden oftmals in einem besonderen Gebäude (villafructuaria) abseits von der villa rustica untergebracht. Uninittelbar neben ihr befand sich die Tenne und nicht weit davon standen mehrere Schuppen, wie der Schuppen für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge (plaustra) oder das nubilarium, in dem das Getreide im Falle eines plötzlichen Regens verstaut wurde.

Es steht nicht genau fest, wo die Diener wohnten; wir wissen jedoch, daß es Schlafzimmer gab (cellae familiares), das ergastulum, eine Art Gefängnis, in dem die Sklaven für irgendein Vergehen zu den härtesten Arbeiten herangezogen wurden, und das valetudinarium für die erkrankten Sklaven. Wo keine villa urbana vorhanden war, werden die besten Zimmer für den Besitzer reserviert worden sein.

 

Ein Beispiel für die römische villa rustica bietet die Villa von Boscoreale bei Pompeii, die außer ihrer großen Bedeutung als Ruine wegen des dort gefundenen silbernen Tafelgeschirrs (Taf. XLVII-XLIX) berühmt geworden ist, das sich heute im Louvre-Museum in Paris befindet. Man betrachte hierzu den Grundriß (Abb.17).

3. Die villa urbana errichtete man an einem Platze, der eine weite Aussicht auf das Land oder das Meer bot. Da sie nicht wie der Gutshöf praktischen Zwecken diente oder eine nützliche Aufgabe erfüllte, sondern einen reinen Luxusbau darstellte, waren Gestaltung und Pracht ihrer Räume ein lebendiger Beweis für Geschmack und Wohlstand ihres Erbauers. Es gab Villen, die nicht mit einem Gutshof verbunden waren, sondern sich auf einem mehr oder weniger eng begrenzten Terrain erhoben, inmitten von Wald, Park oder Gärten; die Zahl dieser Landsitze, die von den Schriftstellern auch praetoria genannt werden, wuchs in der Kaiserzeit ins Unermeßliche. In Italien, Frankreich, in der Schweiz, in Südwestdeutschland und England sowie in Nordafrika finden wir noch heute die Reste dieser Landsitze. Der praktische Geist der Römer, die die Bequemlichkeiten des Lebens wohl zu schätzen wußten, ließ die römische Villa überall dort entstehen, wohin ihreWaffen und ihre Kultur vorgedrungen waren; große und bequeme Villen, die im Sommer gut zu lüften und im Winter leicht zu heizen waren.

Diese Villen zeigen die verschiedensten Bauarten. Die antiken Schriftsteller heben als Sonderheit der villaurbana hervor, daß man vom Vorraum unmittelbar in ein Peristyl trat und nicht, wie bei der Stadtwohnung, in das Atrium. Man kann aber nicht behaupten, daß dies ein feststehendes Charakteristikum gewesen sei. In der laurentinischen Villa des Plinius zum Beispiel kam nach dem vestibulum ein Atrium: cuius inprima parte atrium frugi nec tamen sordidum. Die Zimmer waren auf die verschiedenste Art in Gebäudegruppen zusammengefaßt, die gesondert voneinander standen (conclavia, diaetae), jedoch durch gedeckte, oft mit Fenstern versehene Gänge (cryptoportictis; Taf. XI, LXXVII, 2) miteinander verbunden waren. Die wichtigsten Teile der Villa waren folgende:

  1. Die triclinia, cenationes: Es gab deren mehrere, für den Sommer und den Winter, für große Empfänge und für den kleinen Freundeskreis; aus großen Fenstern schweifte der Blick der Tafelgäste auf die umliegende Landschaft.
  2. Die cubicula, und zwar nicht nur die für den nächtlichen Schlaf bestimmten, sondern auch die cubicula diurna, in denen man am Tage ruhen oder sich den Studien hingeben konnte. Vor dem cubiculum befand sich zuweilen ein Vorraum (procoeton).
  3. Die Arbeitszimmer, wie die Bibliothek (bibliotheca) oder die zotheca; darunter verstand man ein als Salon eingerichtetes cubiculum : Inder Nische, in der normalerweise das Bett stand, waren Statuen aufgestellt, woher der Raum seinen Namen hatte.
  4. Das Bad (Abb. 18), das wie die großen Thermen erbaut war (vgl. S. 250 ff.) und deren wesentliche Räume alle besaß: apodyterium, caldarium, tepidarium, frigidarium, also Auskleideraum, Warmbad, temperierten Warteraum und Kaltbad sowie die Anbauten wie die piscina, das Schwimmbecken im Freien, und einen Platz für die Gymnastik nach dem Bade (gymnasium, sphaeristerium).
  5. Die Bogengänge: Sie waren überall verteilt, von langen Reihen von Säulen getragen; manche dienten dazu, um sich bei schlechtem Wetter im Freien ergehen zu können (ambulationes), andere wiederum, die breiter und länger gebaut waren, konnten zu Pferde oder im Tragsessel durchquert werden (gestationes)

In zwei Episteln beschreibt uns Plinius in allen Einzelheiten seine Villen in der Toscana und bei Laurentum. Diese Episteln sind ein wertvolles Dokument zur Erläuterung und Ergänzung der Ruinen römischer Villen, von denen eine große Anzahl in Italien und außerhalb Italiens freigelegt ist. Leider ist Plinius ein Schriftsteller, der sich zu sehr in Einzelheiten verliert. Zwar beschreibt er haargenau, kümmert sich aber nie um die Leser, die gern wissen möchten, in welchem Verhältnis diese Einzelheiten zueinander stehen, um sich ein Gesamtbild machen

 

zu können. Den Plan dieser Villen zu rekonstruieren, bildet seit Jahrhunderten ein archäologisches Problem; dies beweist allein die Reihe derjenigen, die sich mit dieser schwierigen Aufgabe befaßt haben. Die Rekonstruktionen sind untereinander so ver-

 

schieden, daß man beim Vergleich daran zweifeln könnte, daß es sich stets um die selbe Villa handelt. Die Schuld daran trägtPlinius, der in seinen Aufzeichnungen etwas klarer hätte sein können. In den beiden beigefügten Grundrissen geben wir die Rekonstruktion Winnefelds wieder (Abb.19 und 20).

 

4. Auch wenn die villa nicht inmitten eines Gutshofes lag, war sie stets von Feldern umgeben; ein Teil war als Gemüsegarten hergerichtet (hortus rusticus); im verbleibenden Teil, xystus benannt, wechselten Wäldchen (nemora) mit Zierpflanzen, Lorbeer, Platanen, Pinien und Gärten, mit Myrtenhecken, die zu geometrischen Figuren geschnitten waren, sowie Blumenbeete einander ab. Überall liefen kleine offene Pfade quer durch die Beete und rings um die Anlagen; Statuen, Wasserspiele und Bänke sorgten für Abwechslung in diesem kunstvollen Garten, der mit peinlicher Sorgfalt gepflegt wurde, aber von einem Geschmack zeugt, der mit unserem nichts gemein hat.

Das Gebiet, das die Villa umgab, war durchkreuzt oder umgeben von breiten Wegen, die als gestationes bezeichnet wurden, da man sich auf ihnen in der Sänfte herumtragen lassen konnte.

Einen besonderen Teil des Parkes stellte der hippodromus dar; er wird im allgemeinen nur selten erwähnt, denn für Reitübungen konnten auch die gestationes dienen; sein Name rührt von seiner länglichen Form her; als Beispiel dient uns der hippodromus der Domus Flaviana auf dem Palatin, der, von Domitian (81-96)erbaut, wahrscheinlich von Septimius Severus (193-221) mit Säulengängen umgeben wurde. In der Villa des Plinius in der Toscana wird der hippodromus alsein Teil des Parkes mit hohem Baumwerk, Myrtenhecken und Blumenbeeten beschrieben: es handelt sich alsoum einen Park. Man nimmt natürlich auch an, daß die langen Wege des Hippodroms als Reitbahn dienten, wie man einem Epigramm des Martial entnimmt: Pulvereumque fugax hippodromon ungula plaudit.

Text entnommen aus Ugo Enrico Paoli, S. 92-99

 Das römische Landhaus